Nach dem Neujahrsempfang der Stadt Saarbrücken hat Die FRAKTION Saarbrücken auf Facebook festgestellt, dass der Oberbürgermeister auf der Veranstaltung AfD-Politiker namentlich begrüßte. Außerdem haben sie berichtet, dass auch Ratsabgeordnete der demokratischen Parteien sehr freundlich und kollegial mit den Kolleg*innen der AfD umgehen.
Daraufhin hat Achim Domma bei den Fraktionen angefragt, ob sie diesen Vorfall bestätigen können und wie sie ihren Umgang mit der AfD erklären. Anfrage sowie Antworten der Fraktionen hat er in seinem Blog veröffentlicht. Insgesamt sind die Antworten sehr erhellend, insbesondere das unnötig überspezifische Dementi der FDP ist lesenswert.
Nachdem Oberbürgermeister Conradt dann bei der vergangenen Demonstration des Bündnisses Bunt statt Braun auf dem Schlossplatz eine Ansprache zum Thema Rechtsextremismus hielt, drängte es sich mir dann doch auf, ihm noch eine Anfrage zum Thema zu stellen. Nachdem mich nun die Antwort erreicht hat, möchte ich hier den bisherigen Stand veröffentlichen.
Anfrage an Uwe Conradt – 05.02.2024
Guten Morgen Herr Conradt,
am vergangenen Samstag (03.02.2024) haben Sie an der Demonstration gegen Rechts auf dem Ludwigsplatz teilgenommen. Sie haben dort auch eine Rede gehalten, in der Sie bekräftigt haben, wie wichtig der Kampf gegen Rechtsextremismus ist.
Wie aus verschiedenen Quellen[1] bestätigt wird, haben Sie am Neujahrsempfang in Saarbrücken Vertreter*Innen der AfD namentlich begrüßt. Leider haben Sie sich bisher persönlich nicht zu der Kritik daran geäußert, auch die CDU-Fraktion im Stadtrat möchte wohl keine öffentliche Aussage dazu treffen.
Der Kampf gegen Rechtsextremismus und Faschismus erfordert eine klare Distanzierung von dieser Partei und ihren Inhalten. Dazu gehört für mich auch eine klare Ächtung ihrer Mitglieder, wo immer es möglich ist. Eine offizielle
Begrüßung auf einem Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters normalisiert die AfD, was ich für indiskutabel halte.
- Können Sie die Begrüßung der AfD-Politiker*Innen bestätigen?
- Wie rechtfertigen Sie diese Normalisierung von AfD-Politiker*Innen?
- Wie verträgt sich die namentliche Begrüßung von AfD Politiker*Innen mit Ihrer Rede am 03.02. vor der Ludwigskirche?
Damit alle saarbrücker Bürger*Innen sich ein Bild von Ihrer Positionierung zu diesem Thema machen können, plane ich, Ihre Antworten zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist zum 10. Februar geplant, ich bitte bis dahin um Stellungnahme. Sollten Sie dem in Ihrer Antwort nicht explizit widersprechen, interpretiere ich das als Zustimmung zur Veröffentlichung.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Caspari[1] https://blog.achims.world/der-saarbrucker-oberburgermeister-ein-neujahrsempfang-und-die-afd.html
Mail an Uwe Conradt vom 5. Februar 2024
Antwort von Uwe Conradt – 09.02.2024
Sehr geehrter Herr Caspari,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Arbeit als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Saarbrücken.
Seit Beginn meiner Amtszeit habe ich einen Schwerpunkt in der Erinnerungsarbeit und in den Bildungsarbeit für eine offene und tolerante Stadtgesellschaft gesetzt, bereits zuvor war mir dies ein wichtiges persönliches Anliegen.
Auszugsweise wären zu nennen zahlreiche Veranstaltungen mit dem Landesverband der Sinti und Roma, mit der Synagogengemeinde Saar, dem LSVD und der interreligiöse Dialog. Wahrscheinlich sind Ihnen aus den letzten Wochen und Monaten noch die Gedenkveranstaltungen zu Stolpersteinverlegungen, die Ausstellung zu Lilo Ermanns Poesiealbum im Rathaus oder die Gedenkveranstaltungen am 27. Januar in Erinnerung. Wir haben aber auch Gedenkorte geschaffen, wie das Band der Erinnerung oder das digitale Gedenkbuch, eine vertiefte Erinnerungsarbeit ermöglicht. Derzeit arbeiten wir auch an weiteren Erinnerungsorten für die Opfer des Nationalsozialismus.
Persönlich ist mir auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sehr wichtig. Es waren die Gründerväter Europas, die die Grundlagen für ein demokratisches, rechtsstaatliches und friedliches Europa gelegt haben. Wir können heute als Stadt an der Grenze zu Frankreich heute davon profitieren und es ist unsere Verantwortung die deutsch-französische Freundschaft zu leben unsere Kooperationen zu intensivieren und damit weiter für ein offenes und demokratisches Europa uns einzusetzen..
Etwas weiteres ist für mich persönlich wichtig. Ich lehne jede Form von Extremismus, Antisemitismus und Fundamentalismus – egal aus welchen Richtungen und mit welchen Motiven – ab. Sie alle stellen eine Gefahr für die offene Gesellschaft und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung dar. Als Oberbürgermeister ist es meine Aufgabe mit möglichst vielen Menschen im Dialog zu bleiben. Ich kämpfe um dieses Land und die Werte des Grundgesetzes und ich lebe in dieser Hinsicht auch die geforderte staatliche Neutralität in der Amtsführung. Nicht weil es mir persönlich gefällt, sondern obwohl mir manche Handlungen persönlich missfallen, sie aber zur neutralen Amtsausführung gehören.
Mir ist es wichtig mit Menschen im Gespräch zu bleiben und den demokratischen Diskurs und Dialog zu fördern und nicht einzuengen – auch dies habe ich gerade in den Krisen der Vergangenheit gezeigt und werde dies auch in Zukunft tun. In dieser Hinsicht freue ich mich auch über einen Besuch von Ihnen in meiner Bürgersprechstunde und würde ich mich natürlich freuen, wenn ich Sie auch mal bei den Veranstaltungen der Stadt Saarbrücken zur Erinnerungsarbeit im Publikum entdecke.Mit freundlichen Grüßen
Uwe Conradt
Antwort von Uwe Conradt vom 09. Februar 2024
Landeshauptstadt Saarbrücken – Der Oberbürgermeister
Ich möchte betonen, dass ich an keiner Stelle unterstellt habe, dass Uwe Conradt irgendwie mit der AfD oder Extremisten sympathisiert. Meine Kritik gilt der fehlenden Distanzierung und der Tatsache, dass er auf Kritik an dieser fehlenden Distanz nicht eingeht. Darauf geht er meiner Meinung nach nicht explizit ein, aber er beantwortet natürlich zum Teil meine Fragen mit seiner Ausführung dazu, dass er in seinem Amt auch die Pflicht sieht, staatliche Neutralität in der Amtsführung darzustellen. Seine Ausführung dazu, dass er mit Menschen im Gespräch bleiben möchte, lese ich ebenfalls als Rechtfertigung für den neutralen Umgang mit Rechtsextremisten.
Meine Antwort an Uwe Conradt – 13.02.2024
Sehr geehrter Herr Conrad,
Sie führen Ihre Pflicht zur Neutralität als Grund an, AfD Politiker*innen freundlich namentlich auf dem Neujahrsempfang begrüßt zu haben. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages[1] beschreibt, unter welchen Bedingungen dieses Gebot gilt. Würden Sie mir bitte kurz erläutern, welche Regelungen Sie gezwungen hat, die AfD namentlich zu begrüßen? Ich konnte keinen entsprechenden Hinweis finden. Gerne können Sie mir natürlich eine andere juristische Quelle nennen, auf der Ihre Handlung basiert.
Des Weiteren schreiben Sie, es sei Ihnen wichtig, mit Menschen im Dialog zu bleiben und den demokratischen Diskurs zu fördern. Darf ich diese Aussage im Kontext der Mail so verstehen, dass Sie weiterhin mit Politiker*innen der AfD im Gespräch bleiben und den demokratischen Diskurs und Dialog mit ihnen fördern wollen? Falls ja, was erhoffen Sie sich davon und wie beurteilen Sie den Ansatz “Mit Nazis redet man nicht.”?
Sie haben in Ihrer ersten Antwort ausführlich an Beispielen aufgezeigt, dass es falsch wäre, Ihnen eine rechtsextreme Gesinnung zu unterstellen. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich das auch an keiner Stelle getan habe. Meine Kritik gilt der fehlenden Distanzierung von Rechtsextremen und der Tatsache, dass Sie auf öffentliche Kritik an dieser fehlenden Distanz nicht unverzüglich eingegangen sind.
Ihre Antwort habe ich, wie angekündigt, in meinem persönlichen Weblog veröffentlich[2]. Ich beabsichtige, auch die weitere Kommunikation dort anzufügen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Caspari
[1] https://www.bundestag.de/resource/blob/556768/776c7bb3e6cd1fd9ed85e539cca79b59/wd-3-074-18-pdf-data.pdf
[2] https://caspari.saarland/uwe-conradts-umgang-mit-nazis
Erneute Rückantwort von Uwe Conradt – 28.02.2024
Sehr geehrter Herr Caspari,
die Verwaltung der Landeshauptstadt Saarbrücken kommuniziert mit Ratsmitgliedern im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben, etwa im Rahmen der Fragestunde des Stadtrates.
Ich werde in der Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften auch weiterhin vor allem auf eine inhaltliche Debatte setzen. Ich würde mich freuen, Sie beim Engagement für Demokratie, Freiheit und Rechtstaatlichkeit an meiner Seite zu wissen. Ihre latenten und offensichtlichen Unterstellungen im Umgang mit der AFD weise ich zurück.
Viele Grüße
Uwe Conradt
Man kann das eigentlich kurz zusammenfassen mit: Keine Antwort ist auch eine Antwort. Was ich ihm angeblich latent und offensichtlich unterstelle, werde ich vermutlich nicht erfahren.